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Ministerpräsidenten des Freistaates

Fritz Schäffer, Wilhelm Hoegner, Hans Ehard, Alfons Goppel, Franz Joseph Strauß, Max Streibl, Edmund Stoiber und Günther Beckstein studierten an der LMU und wurden Ministerpräsidenten des Freistaats Bayern nach 1945
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Die Geschichte des Freistaates Bayern verlief in den vergangenen 97 Jahren nicht eben geradlinig. Sicherlich waren die Turbulenzen am Anfang am größten, die Zeit der Nationalsozialisten beschämend, die Nachkriegsjahre eher spannend und erst die letzten Jahre zeigen eine stetige, ruhige Entwicklung[i].

Die Ministerpräsidenten des Freistaates nehmen in dieser Geschichte eine ganz besondere, eine prägende Rolle ein, die wir kurz beleuchten wollen. Die meisten Ministerpräsidenten waren oder sind Alumni der LMU, siehe die Aufstellung weiter unten. So passt diese kurze Analyse in unseren Newsletter, in dem wir Alumni aus der Vergangenheit und Alumni der Gegenwart vorstellen.

Die republikanische, die freistaatliche Verfassung Bayerns kam unter den denkbar schwierigsten Verhältnissen zustande. Der Landtag war in Bamberg zusammengetreten, von München wurde er durch revolutionäre Wirren ferngehalten. In nur einer Sitzung wurde die Verfassung verabschiedet, den Vollmachten des Ministerpräsidenten wurden dabei enge Grenzen gesetzt, um einer Reihe von Schwierigkeiten aus dem Wege zu gehen: So wollte man die Republikaner nicht mit einem „Ersatzmonarchen“ verdrießen, und den Monarchisten nicht das Ärgernis geben, einen Bürger an die Stelle des Königs zu setzen. Auch wurden Spannungen mit dem Reich, insbesondere im Verhältnis von Reichspräsident und Landespräsident vermieden.

Diese Zurückhaltung hatte seinen Preis, immer wieder kam es zu Problemen, sogar Notstandsvollmachten mussten eingesetzt werden, wenn auch nur von kurzer Dauer. Schließlich setzten die Nationalsozialisten einen der zentralen Führung verpflichteten „Reichsstatthalter für Bayern“ ein.

Unmittelbar nach Kriegsende passiert etwas ganz Erstaunliches: Nur 20 Tage nach Kapitulation und Waffenstillstand bestellt die US-amerikanische Militärregierung Fritz Schäffer zum bayerischen Ministerpräsidenten. Bayern ist somit nach dem Zusammenbruch des Reiches zunächst durch nichts wieder politisch und rechtlich sichtbar geworden als durch den Ministerpräsidenten.

Erst eineinhalb Jahre später kann sich Bayern eine neue Verfassung geben und das auch erst im dritten Anlauf, nachdem die ersten beiden Versuche an eben der Frage scheiterten, ob und wie die Rolle des Staatsoberhauptes von Bayern auszugestalten sei.

Nein, ein Staatsoberhaupt, einen vom Parlament unabhängigen, allen Einwohnern gleichermaßen verpflichteten Staatspräsidenten hat Bayern nicht erhalten, diese Eigenschaften zeichnen allein das Staatsoberhaupt des Bundes, den Bundespräsidenten aus. Wohl aber erhielt Bayern einen Ministerpräsidenten, der das mächtigste Amt im Staate innehat und Bayern nach außen vertritt. Anders als in der Weimarer Republik hat sich eine kooperative Verfassungswirklichkeit in der Bundesrepublik schnell eingespielt, schließlich ist der Ministerpräsident qua Bundesrat auch in die nationale und internationale Politik eingebunden.

Noch heute erfreut jeden Stammtisch die Diskussion ob Bayern als Republik legitim sei oder ob es nicht zur Monarchie zurückkehren müsse. Von Gewicht aber war die Frage naturgemäß in den Anfängen der Republik. Trotz aller Tumulte erstarkte diese Staatsform (Freistaat ist das alte Wort für Republik) aber zusehends. Als nach ein paar Jahren die nationalsozialistischen Machtübernahme drohte, erschien die Monarchie als ein Bollwerk gegen die braune Flut; allein die Konzepte fehlten, die neuen Mächte waren zu stark. Historiker sehen den endgültigen Abschied von der Monarchie in dem Trauerzug für Kronprinz Rupprecht: Hinter dem Sarg schritt an der Spitze seines Kabinetts der Sozialdemokrat Wilhelm Hoegner.

Heute wird die Familie Wittelsbach im besten Sinn des Wortes „hofiert“: Sie ist die erste Familie im Freistaat, man lädt ihre Mitglieder gerne ein und begrüßt sie mit der Anrede „königliche Hoheit“. Und die Wittelsbacher werden geschätzt für ihr Engagement in der Kunst, für die Kultur und vor allem für die Wissenschaft.

Newsletter Februar 2016


[i] Diese Ausführungen folgen in weiten Teilen dem Beitrag von Hans F. Zacher zur Festschrift für Karl Carstens zum 70. Geburtstag

 

Ursula Münch

Studium, Promotion und Habilitation an der LMU (Politikwissenschaft)

Ursula Münch ist in einem der wichtigsten Gremien für die deutsche Wissenschaft vertreten, in der LMU begann sie ihre wissenschaftliche Karriere, und noch immer trägt sie für und in der LMU Verantwortung.

Zu Baden-Württemberg, wo sie aufwuchs, bekennt sich Ursula Münch noch heute mit leichtem Akzent. Aber schon unmittelbar nach dem Abitur kam und blieb sie in München. An der LMU schrieb sie sich für Politikwissenschaft, Kommunikationswissenschaft, Psychologie sowie Neuere Geschichte ein. Dann arbeitete sie als Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Geschwister-Scholl-Institut für Politische Wissenschaft der LMU sowie als Lehrbeauftragte an der Hochschule für Politik München. Nach einem Semester an der University of Minnesota in Minneapolis war sie Privatdozentin an der LMU und wurde mit Professurvertretungen betraut, bis sie 1999 den Ruf an die Universität der Bundeswehr München annahm. Seit 2011 leitet sie als Direktorin die Akademie für Politische Bildung in Tutzing, hält aber weiterhin Lehrveranstaltungen an der Universität der Bundeswehr ab. Föderalismus- und Parteienforschung sowie Politikfeldanalysen (u.a. Bildungspolitik, Familienpolitik, Asyl- und Einwanderungspolitik) sind Schwerpunkte in dem weit gefächerten Interessengebiet von Professor Münch.

Ursula Münch hat durch Berufungen in höchste Gremien Anerkennung erfahren: Sie ist Mitglied des Hochschulrates der LMU, und vor ein paar Monaten wurde sie von Bundespräsident Gauck in den Wissenschaftsrat berufen. Dieses Gremium berät die Bundesregierung und die Regierungen der Länder in Fragen der inhaltlichen und strukturellen Entwicklung der Hochschulen, der Wissenschaft und der Forschung. Es hat somit als wichtigstes wissenschaftspolitisches Beratungsgremium eine doppelte Vermittlungsfunktion: zwischen Bund und Ländern einerseits, zwischen Wissenschaft und Politik andererseits.

Den Mitgliedern der Universitätsgesellschaft ist Professor Münch noch als Moderatorin der letzten Veranstaltung „drinnen & draußen“ zum Thema Medien präsent.

Newsletter Juni 2015

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