Newsletter

04/2024 

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mit diesem Newsletter möchten wir Sie regelmäßig mit allen Neuigkeiten aus der Münchener Universitätsgesellschaft und vielen interessanten Themen aus der Ludwig-Maximilians-Universität versorgen. Gerne nehmen wir auch Ihre Wünsche und Anregungen auf. Schreiben Sie uns unter info@unigesellschaft.de.

Wir danken Ihnen sehr für Ihr Interesse an unseren Newslettern und freuen uns, wenn Sie weiterhin die Aktivitäten der Münchener Universitätsgesellschaft verfolgen. 

Mitgliederversammlung der MUG:

Leider war es nicht möglich, die Mitgliederversammlung als Präsenzveranstaltung durchzuführen.  Einladungen hierfür waren schon versandt, aber kurz vor dem Termin wurden die Corona-Maßnahmen nochmals verschärft, die Zusammenkunft musste abgesagt werden. Die Mitglieder konnten aber schriftlich über die Tagesordnungspunkte abstimmen. Mit überwältigender Mehrheit folgten sie den Vorschlägen des Vorstands.

Veränderungen im Vorstand

Drei Damen wurden dem Vorstand zu gewählt:

  • Professor Dr. Anke Friedrich, Lehrstuhl für Geologie, LMU
  • Julia Straßer-Garnies, Geschäftsführerin des VLG Verlages
  • Susanne Meierhofer, Leitung Fundraising bei missio Internationales Katholisches Missionswerk

Professor Dr. Dr. Reinhard Putz prägte die Arbeit der MUG über lange 17 Jahre. Zum Bedauern vieler zog er es vor, anlässlich der Neuwahlen aus dem Vorstand der MUG auszuscheiden. Wir danken ihm sehr für sein langjähriges Engagement für die MUG, insbesondere für die Initiierung und Organisation der Veranstaltungen „Einblicke“.

Ansonsten bleibt der Vorstand unverändert (https://www.unigesellschaft.de/ueber-uns/vorstand). Die vom Präsidium der LMU besetzte Funktion des II. Schatzmeisters übernahm Herr Prof. Dr. Oliver Jahraus, Vizepräsident der LMU, während Herr Prof. Hans van Ess, der diese Position zuvor innehatte, nun als gewähltes Mitglied im Vorstand die Arbeit der Universitäts­gesellschaft weiterhin unterstützt.

LMU nach wie vor beste Universität in Deutschland

Wie auch in den vergangenen Jahren ist die LMU die renommierteste Universität Deutschlands. Diese Spitzenposition wurde ihr vor Kurzem gleich von zwei bedeutenden Agenturen zugesprochen, der U.S. News 2021 Best Global Universities Rankings und der Times Higher Education (THE) World Reputation Ranking 2020. Bei beiden liegen Harvard, MIT und Stanford weltweit auf den ersten drei Plätzen. Interessant dürfte aber noch folgende Bemerkung sein: Der THE gibt auch den (Academic) Staff pro Studierenden an. Dabei liegt die LMU mit 35 Studierenden pro Betreuer weit abgeschlagen hinter allen Universitäten vor ihr, keine hat auch nur annähernd eine solch ungünstige Relation. Der Durchschnitt liegt bei 11 Studierenden pro Betreuer. Bei Harvard und MIT sind es 9, bei Stanford nur 7. Dieser Vergleich macht die Spitzenposition der LMU noch eindrucksvoller, d.h. trotz eines außerordentlich hohen Lehr- und Qualifizierungsaufwandes leistet sie Hervorragendes.

Einsichten

Das neue Forschungsmagazin der LMU erscheint in diesen Tagen, sicherlich enthält es wieder spannende und interessante Berichte über die weitgestreuten Tätigkeiten der Wissenschaftler der LMU – Einsichten erscheint mit großzügiger Unterstützung der MUG, die es an ihre Mitglieder kostenlos versendet. Vielleicht ein weiterer Grund der Gesellschaft beizutreten (sollten Sie noch nicht Mitglied sein).

 

LMU Alumni im Portrait

Studenten der LMU sind erfolgreich, manche hinterlassen historische Spuren, manche bekleiden Spitzenpositionen in unserer Welt. Unter dieser Rubrik porträtieren wir Alumni der LMU jeweils der Vergangenheit und der Gegenwart.

So haben wir Ihnen unter anderen schon vorgestellt: Vier Präsidenten unserer Bundesrepublik, einige Regisseure, den Intendanten des Bayerischen Rundfunks und den Schriftsteller von James Bond, einen wissenschaftlichen Shooting-Star, die wohl berühmtesten Studenten der LMU und alle Ministerpräsidenten des Freistaates, die Alumni der LMU waren oder sind.

Die Reihe Alumni im Portrait berichtet heute über zwei Schriftsteller, Ödön von Horváth und Ernst-Wilhelm Händler.

 

Ödön von Horváth (1901 -1938)

Studium der Literatur- und Theaterwissenschaften an der LMU

 

Die Ereignisse des Ersten Weltkrieges und die nachfolgenden Revolutionsunruhen haben auch der Familie Horváth zugesetzt. Vater Horváth kann aber in München an seine Diplomatenkarriere anknüpfen, Sohn Ödön wird nachgeholt und belegt in München an der Universität einen bunten Strauß von Fächern, von Psychologie, über Literatur und Soziologie bis hin zu den berühmten theaterwissenschaftlichen Übungen von Professor Artur Kutscher. Viel wurde belegt, aber das meiste hält Horváth für dummes Zeug, für ihn ist das Studium nur eine Zwischenlösung. Zu stimulierend ist das Fluidum der Stadt: So sah man auf der Ludwigstraße zwei kaum ergraute Herren spazieren gehen, nämlich die Brüder Mann in heftiger Diskussion über Literatur und Zivilisation; im Englischen Garten trat man ehrfurchtsvoll vor einem weißhaarigen Mann mit mächtigen Zügen und Baskenmütze beiseite, weil ältere Semester behaupteten, es sei Stefan George.

Dem Gründer der heute noch existierenden Buchhandlung Lehmkuhl gehörte ein Saal, in dem Dichterlesungen und Kabaretts stattfanden und Kammerkonzerte aufgeführt wurden. Lena Christ, Erich Mühsam, Johannes R. Becher, Klabund, Max Halbe, Hans Carossa, Ringelnatz, die beiden Brüder Mann trugen sich in das Gästebuch dieses Saales[1] ein. Auch das erste Werk Horváths wurde hier präsentiert. Ein um 30 Jahre älterer Komponist hatte ihn gefragt, ob er nicht für ihn eine Pantomime schreiben wolle. Horváth akzeptierte und das Werk kommt zur Aufführung. Der Abend verhieß nicht viel Erfolg, kostete dem Vater aber einiges Geld.

Unermüdlich schreibt Horváth weiter, ein großangelegtes historisches Drama entsteht, und – quasi als Ouvertüre zum gesamten Werk – ein Bühnenstück, in dem der Sohn einer bürgerlichen Familie auf die schiefe Bahn gerät. Noch ist viel Angelesenes nachempfunden, durchmengt von Gängigem dieser Jahre: So heißt es bei dem drei Jahre älteren Brecht[2] „Glotzt nicht so romantisch!“  und bei Horváth „Glotzt nicht so dämlich!“

Unermüdlich schreibt Horváth weiter. Seine Eltern sind anfangs irritiert durch seinen Entschluss Schriftsteller zu werde, aber sie legen ihm auch keine Hindernisse in den Weg. Als die Eltern sich in Murnau ein Landhaus errichten ließen, das ihnen neben der großzügigen Schwabinger Wohnung als Sommerresidenz diente, wurde dieses Haus für Ödön von Horváth während fast 10 Jahren zum Hauptwohnsitz. In Murnau fand er die Leute, die ihn für seine Kleinbürgerstudien interessierten. Aus allernächster Nähe konnte er menschliche Charakterzüge und Verhaltensweisen studieren, denn Murnau ist in diesen Jahren ein Stillhaltepunkt für verkrachte Existenzen, eine Sommerfrische für Leute, die aus nicht ganz durchsichtigen Gründen überwintern müssen. In dieser kleinen Welt bekamen Inflation, Arbeitslosigkeit und der aufkommende politische Radikalismus ein ganz anderes Gesicht als in München. In Biergärten und Ausflugslokalen saß Horváth oft stundenlang und machte sich Notizen. Die hingekritzelten Dialogfetzen, Konzepte und Skizzen bildeten später das Rohmaterial für seine Volksstücke und Prosaschriften.

Unermüdlich schreibt Horváth weiter und fasst allmählich auch Fuß in Berlin, dem kulturellen Zentrum des Deutschen Reiches. Aber er blieb dort nur jeweils so lange, wie es seine Arbeit unbedingt erforderte und übernachtete häufig in kleinen, billigen Pensionen. Dann kehrte er auf der Flucht vor Lärm, Betrieb und Großstadtrummel nach Murnau zurück und schrieb in ländlicher Ruhe seine Theaterstücke. Horváth wägt sorgfältig zwischen Stadt und Land ab: „in der Großstadt habe ich mehr Eindrücke, sehe ich mehr und wichtigeres für unsere Zeit als auf dem Lande“. In Berlin feiert er mehr und mehr Triumphe auf den Bühnen der Stadt, dort verlegt er seine Romane und Geschichten.  Und die in Berlin gewonnenen Freunde besuchen ihn in Murnau. Mit ihrem großstädtischen Flair erregen sie Aufsehen, sogar Entsetzen, etwa wenn Gustav Gründgens sich auf den Schoß seines Freundes Francesco von Mendelson setzte.

Unermüdlich schreibt Horváth weiter, er wird immer erfolgreicher, seine Stücke kamen immer öfter auf die Bühne, seine Romane wurden verlegt und viel gelesen: Er traf den Nerv der Zeit. Unter der Herrschaft der Nationalsozialisten muss er auf deutschsprachige Bühnen im Ausland ausweichen, Prosa – schon immer Teil seines Schaffens – bekommt ein größeres Gewicht.

Doch dann ermüdet die Kreativität, starke Depressionen setzen ein, in Deutschland (und dann auch Österreich) ist Horváth Persona non grata, er muss reisen, in Paris verhandelt er ein Filmprojekt, er geht um nachzudenken über die Champs Elysées, es gewittert, ein Ast stürzt auf ihn, Horvath ist sofort tot.

Ödön von Horváth gehört heute zu den meistgespielten Dramatikern auf deutschsprachigen Bühnen. Stücke wie Italienische Nacht, Kasimir und Karoline und Glaube Liebe Hoffnung wurden bereits zu Lebzeiten des Autors als Erneuerung des Volksstücks gefeiert. In dem gleichen Jahr als Mann ist Mann von Bertold Brecht und Der Hauptmann von Köpenick von Carl Zuckmayer uraufgeführt wurden, kam Horváths größter Erfolg auf die Bühne, Die Geschichten aus dem Wiener Wald. Die fulminante Besetzung hatte Namen, die noch heute klingen: Carola Neher, Peter Lorre, Hans Moser, Paul Hörbiger und Paul Dahlke. Schließen wir dieses kleine Portrait mit dem wohl gewaltigsten Satz, den Horváth geschrieben hat: Du wirst meiner Liebe nicht entgehen.

 


[1] Max Weber hielt hier seinen Vortrag „Politik als Beruf“, siehe Newsletter vom November 2016

[2] Auch BB ist Alumnus der LMU, siehe Newsletter vom November 2017

 

Schauspiel Frankfurt am Main überließ uns freundlicherweise das Foto

 

 

Ernst-Wilhelm Händler

Studium der Volkswirtschaftslehre, Betriebswirtschaftslehre und Philosophie mit anschließender Promotion an der LMU

 

Du-wirst-meiner-Liebe-nicht-entgehen. Mit diesem Zitat von Horváth aus den Geschichten aus dem Wienerwald schließt Händler einen Erzählstrang ab, bei dem, wie so oft bei ihm, Traum und Wirklichkeit verschmelzen. Das Zitat findet sich in Das Geld spricht, Händlers derzeit letztem Roman. Er ist eine Art finanztechnisch-soziale Versuchsanordnung und erzählt von erfolgreichen Mittvierzigern, die zur Frankfurter und New Yorker Hochfinanz oder zumindest zu deren unmittelbarem Umfeld gehören. Diese Gambler-Naturen schwanken zwischen profundem Fachwissen, Angeberei und Risikofreude; man begreift ihre Ängste und Zweifel und staunt über mangelnde emotionale Kompetenz. Daneben steht das Geld als sprachbegabtes und, wie mehrfach betont wird, mit einer persönlichen Seele ausgestattetes Wesen:

ICH HABE DEN MENSCHEN BEIGEBRACHT, GEDANKEN HANDHABBAR ZU MACHEN. ICH HABE DIE MENSCHEN GELEHRT, GESETZE ZU FORMULIEREN. OHNE MICH WÄREN SIE NIE ÜBER EINZELFÄLLE HINAUSGEKOMMEN! ICH KANN ERKLÄREN! WIE WILL MAN ETWAS ERKLÄREN OHNE MICH?

Dieser dröhnend selbstgefällige, götzenhafte Popanz behauptet nun von sich, nicht nur die „erfolgreichste Sprache“ der Welt zu sein, sondern zugleich auch der „allwissende Erzähler“ der handelnden Figuren: „ICH BIN IHR AUTOR“.

Auch Ernst Wilhelm Händler ist ein anspruchsvoller Autor. Kaum ein anderer deutschsprachige Schriftsteller kennt sich in der Welt der Wirtschaft so gut aus wie er. Schließlich wurde er mit einer Arbeit über die logische Struktur ökonomischer Theorien promoviert und übernahm anschließend, nach dem Tod seines Vaters, die Leitung des Familienbetriebs, der mit 250 Mitarbeitern Schaltschränke und Installationsverteiler herstellte. Nach der Auszahlung an die Familie seines Onkels musste er das Unternehmen in Cham (Oberpfalz) unter schwierigen Bedingungen refinanzieren und neu gründen. Parallel zu seiner Tätigkeit als Unternehmenschef begann er zu schreiben. Dann kam aber der Zeitpunkt, als die Firma nicht mehr eigenständig weiter zu führen war. Händler fand bei Siemens geeignete Strukturen, verkaufte und sicherte so die bis heute anhaltende Existenz der Firma.

Händler intensivierte danach seine schriftstellerische Arbeit, neben den inzwischen 9 Romanen und neben dem einen Erzählungsband schrieb Händler wichtige Essays über ein breites Spektrum, natürlich vieles mit Bezug zur Ökonomie, aber unter dem Titel Das Universum ist auch nicht mehr das, was es einmal war setzt er sich mit Kosmologie und Parallelwelten auseinander. Aber vor allem geht es Händler um unsere Gesellschaft, die er versucht zu beschreiben, zu durchdringen, ernst und ironisch legt er die Mechanismen unseres Zusammenlebens offen. Dabei ist sein Blickwinkel durchaus nicht der von ganz unten; Macht, Geld, Glanz, teure Uhren, elegante Mode, das alles findet sich in seinen Romanen.